KNUT MELLENTHIN

Funktionen für die Darstellung

Darstellung:

Seitenpfad

Bomben vom FBI

Die Mehrheit der „islamistischen Terroristen“, die in den USA gefasst werden, sind mittlerweile Opfer von Polizei-Provokationen, sogenannten sting operations. Am Mittwoch wurde in Manhattan ein haitianischer Einwanderer zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt, weil er im Mai 2009 an einem von der Bundespolizei FBI inszenierten Bombenanschlag beteiligt war. Drei Mitangeklagte hatten schon im Juni die gleiche Strafe erhalten. Das Urteil gegen den Haitianer war gesondert gesprochen worden, weil der nach Angaben seiner Anwälte paranoid-schizophrene Mann zuvor noch auf seine Schuldfähigkeit untersucht wurde. Bei der Plazierung zweier vom FBI gelieferter falscher Bomben vor einer Synagoge und einem jüdischen Gemeindezentrum in der Bronx hatte der 29jährige Laguerre Payen lediglich als Aufpasser fungiert.

Der Hauptangeklagte, ein Krimineller afghanischer Abstammung mit einem langen Vorstrafenregister, war im April 2008 von einem V-Mann des FBI in einer Moschee angesprochen worden. Der agent provocateur der Bundespolizei, ein Pakistaner, war 2002 nach einer Betrügerei mit der Drohung, ihn an sein Heimatland auszuliefern, zu Informantendiensten erpresst worden. Gemeinsam entwickelten der damals 52-jährige James Cromitie und der FBI-Agent den Plan, jüdische Einrichtungen anzugreifen und ein Militärflugzeug abzuschießen. Cromitie warb für dieses Vorhaben drei Männer an, die er im Gefängnis kennengelernt hatte, darunter auch den jetzt verurteilten Payen. Das FBI lieferte schließlich Sprengstoff, der so präpariert war, dass er nicht explodieren konnte, und eine defekt gemachte Stinger-Flugabwehrrakete, die von einem einzelnen Mann abgefeuert werden kann. Nachdem Fahrzeuge mit den beiden „Bomben“ an den Anschlagzielen abgestellt worden waren, nahm die Polizei die Männer, die ständig unter Beobachtung gestanden hatten, fest.

Sting operations dienen hauptsächlich dazu, den Anschein einer islamistischen Terrorgefahr aufrecht zu erhalten und die Existenzberechtigung der nach dem 11. September 2001 zu enormem Umfang aufgeblähten Spezialabteilungen unter Beweis zu stellen. Anwälte und andere Juristen haben, bisher erfolglos, die Rechtmäßigkeit solcher Praktiken angefochten. Im Verfahren gegen Payen sagte selbst die Richterin, sie sei „nicht stolz auf die Regierung für das, was sie in diesem Fall getan hat“.

In einem ähnlichen Verfahren war im April in Washington ein US-Amerikaner pakistanischer Abstammung zu 23 Jahren Gefängnis mit anschließender 50jähriger Sicherheitsüberwachung verurteilt worden. Der 35-Jährige war auf FBI-Agenten hereingefallen, die sich als Mitglieder einer militant-islamistischen Organisation ausgegeben hatten. In ihrem Auftrag hatte er in Vororten der Bundeshauptstadt U-Bahn-Stationen für mögliche Anschläge ausgespäht und fotografiert.

Nach einem Bericht des rechten Senders Fox News vom 15. Mai treibt es die Anti-Terror-Einheit der New Yorker Polizei mit Provokationen sogar so toll, dass selbst das FBI sich davon distanziert hat.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 9. September 2011