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Äthiopien: Verurteilte Oppositionelle freigelassen

Das äthiopische Regime hat am Freitag 38 Oppositionelle aus dem Gefängnis entlassen. Unter ihnen sind 30 führende Mitglieder des Oppositionsbündnisses Koalition für Einheit und Demokratie (CUD), die vier Tage zuvor zu lebenslanger Haft verurteilt worden waren. Freigelassen wurden auch die anderen Angeklagten dieses Prozesses: sechs junge Männer, die wegen der Teilnahme an Demonstrationen 15 bis 18 Jahre Gefängnis absitzen sollten, und zwei zu ein und drei Jahren verurteilte Journalisten. Gegen alle 38 hatte die Staatsanwaltschaft zuvor die Todesstrafe beantragt. In der Hauptstadt Addis Abeba, einer Hochburg der Opposition, wurden die Freilassungen gefeiert.

Gegenstand des Prozesses waren die Demonstrationen des Jahres 2005, bei denen es rund 200 Tote gab, hauptsächlich durch Schüsse der Polizei und von Spezialtruppen. Es sollen bei den Zusammenstößen aber auch sechs Angehörige der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen sein. Die Proteste richteten sich gegen Betrug und Einschüchterung durch die Regierungspartei bei den am 15. Mai 2005 abgehaltenen Parlamentswahlen. Auch die Beobachter der Europäischen Union hatten zahlreiche Verstöße registriert.

Die Begnadigung der 38 kam nicht ganz überraschend, da schon während des Prozesses über einen "Deal" verhandelt worden war. Die Verurteilten mussten zuvor eine Erklärung unterschreiben, mit der sie teilweise die Verantwortung für die Ereignisse des Jahres 2005 übernahmen. Der CUD-Vorsitzende Hailu Schawel sagte nach seiner Freilassung, das Dokument sei "unter Druck" zustande gekommen. Es lehnte unter den herrschenden Bedingungen eine Versöhnung mit dem Regime ab und wiederholte den Vorwurf der Wahlfälschung.

Wegen der Demonstrationen des Jahres 2005 ließ das Regime nach Schätzungen von Amnesty International rund 30.000 Menschen verhaften. Tausende von ihnen sind immer noch eingesperrt. Die CUD bekräftigte am Wochenende ihrer Forderung nach Freilassung aller Gefangenen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 23. Juli 2007