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Wahlankündigung spaltet Palästinenser noch mehr

Chefunterhändler Erekat erklärt seinen Rücktritt.

Das Exekutivbüro der PLO hat am Sonnabend beschlossen, in diesem Jahr Präsidenten- und Parlamentswahlen durchzuführen. Ein Termin wurde noch nicht bekanntgegeben, doch sollen die Wahlen auf jeden Fall vor September stattfinden. Gerüchteweise ist vom Juli die Rede. Regulär wäre die Neuwahl des Präsidenten schon 2009 fällig gewesen. Die verfassungsmäßige Amtszeit des Parlaments endete vor einem Jahr.

Die erste Wahl einer palästinensischen Volksvertretung im Januar 2006 hatte eine Mehrheit für die Hamas ergeben. Die daraufhin gebildete Regierung wurde von den USA und der EU systematisch boykottiert, diffamiert und ausgehungert. Die israelischen Behörden nahmen Dutzende gewählter Abgeordneter in Haft. Seit Hamas im Juni 2007 einen geplanten Putsch der Fatah im Gaza-Gebiet vereitelte und dort die Macht übernahm, ist das Parlament nicht mehr zusammengetreten. Der Präsident der „Palästinensischen Autorität“ (PA), Mahmud Abbas, ernannte am 14. Juni 2007 eine neue Regierung unter Salam Fajjad, die von Hamas nicht anerkannt ist.

Die Ankündigung der Wahlen erfolgte einen Tag nach dem Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak. Der Schritt der PLO wird allgemein als Reaktion auf die Aufstände und Proteste in der arabischen Welt interpretiert. Er stellt zugleich einen Versuch dar, von den tiefgehenden Meinungsverschiedenheiten unter den Palästinensern über die erfolglosen „Friedensverhandlungen“ mit Israel abzulenken. In einer Erklärung des Exekutivkomitees werden alle palästinensischen Parteien und Organisationen aufgefordert, „ihre Bedenken und Differenzen zurückzustellen“ und sich jetzt gemeinsam auf die Abhaltung der Wahlen zu konzentrieren. Alle offenen Fragen könnten später im Parament diskutiert und gelöst werden.

Die Hamas reagierte umgehend mit einer scharfen Ablehnung des PLO-Beschlusses. „Wir erkennen die Wahlen nicht an und werden uns an ihnen nicht beteiligen (…), weil sie die Spaltung verfestigen und nicht im Interesse der Palästinenser sein werden.“. Die PLO in ihrem jetzigen Zustand repräsentiere nicht die Palästinenser, sondern sei von der Fatah „gekapert“ worden. Im Übrigen sei es gar nicht möglich, Wahlen ohne Zustimmung der Hamas abzuhalten. Also handele es sich überhaupt nicht um eine ernsthafte Ankündigung, sondern lediglich um eine Farce, die Abbas „gut aussehen lassen“ solle. Hamas sei zwar für Wahlen, aber erst nach einer „Versöhnung“ der streitenden Lager. Diese Einschränkung zielt offenbar auch darauf ab, sich vorab auf eine einheitliche Haltung für den voraussehbaren Fall zu verständigen, dass Israel und der Westen das Wahlergebnis erneut nicht akzeptieren.

Ebenfalls am Sonnabend gab der Chefunterhändler der PA gegenüber Israel, Saeb Erekat, seinen Rücktritt bekannt. Er war heftiger Kritik ausgesetzt, nachdem der arabische Sender Al-Jazeera und die britische Tageszeitung Guardian interne Verhandlungsprotokolle veröffentlicht hatten. Vielen Palästinenser gehen die dort gemachten Zugeständnisse zu weit. Erekat begründete seinen Schritt aber lediglich damit, dass sich das „Leck“, aus dem die Papiere an die Öffentlichkeit gelangt waren, in seinem Büro befand. Seine Verhandlungslinie rechtfertigte er jedoch erneut. Hamas forderte die PA daraufhin auf, endlich das Scheitern des sogenannten Friedensprozesses einzugestehen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 14. Februar 2011