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Blutige Schlacht

Die Internationalisierung des Bürgerkriegs in Somalia schreitet mit dem Segen der UNO voran.

Im Südwesten Somalias sind am Wochenende bei einem Gefecht zwischen äthiopischen Invasionstruppen und Kämpfern der fundamentalistischen Al-Schabab über 100 Menschen ums Leben gekommen. Die etwa dreistündige Konfrontation hatte am frühen Sonnabendmorgen mit einem Angriff der Islamisten auf äthiopische Stellungen beim Dorf Jurkut in der Region Gedo begonnen. Dort befindet sich ein wichtiger Punkt der Nachschublinie zur somalischen Stadt Baidoa, die im Februar von äthiopischen Streitkräften erobert wurde.

Über die Opfer des Gefechts gibt es stark unterschiedliche Angaben beider Seiten. Ein Sprecher der Islamisten behauptete, 73 äthiopische Soldaten seien getötet worden, während Al-Schabab nur fünf Mann verloren habe. Mit den Äthiopiern verbündete somalische Kreise nannten für die getöteten Islamisten Zahlen zwischen 48 und 130. Augenzeugen berichteten, dass „Dutzende“ Leichen beider Seiten am Schauplatz des Gefechts lagen.  

Nach allgemeiner Einschätzung handelte es sich um die blutigsten Kämpfe seit dem Einmarsch äthiopischer Truppen im November vorigen Jahres. Äthiopien hat, nach Ägypten, die stärksten Streitkräfte des afrikanischen Kontinents. Im Gegensatz zu allen somalischen Bürgerkriegsparteien verfügen sie über Panzer, schwere Artillerie und Kampfflugzeuge.

Am vergangenen Freitag war angekündigt worden, dass die Äthiopier die derzeit von ihnen besetzten somalischen Städte Baidoa und Beledweyne Ende April an die afrikanische „Friedensmission“ AMISOM übergeben wollen. Das Mandat dieser 2007 eingerichteten Truppe war bis vor kurzem auf die Hauptstadt Mogadischu begrenzt. Am 22. Februar stimmte der UN-Sicherheitsrat einer Ausdehnung ihres Auftrags auf alle umkämpften Teile Somalias zu. Gleichzeitig beschloss das Gremium eine Aufstockung der Personalobergrenze von 12.000 auf exakt 17.731 Mann.

AMISOM hat derzeit eine Stärke zwischen 9.000 und 10.000 Mann. Es handelt sich überwiegend um Soldaten aus Uganda und Burundi, zu denen vor kurzem auch ein Bataillon – ungefähr 850 Mann – aus Dschibuti, der ehemaligen Kolonie Französisch-Somaliland, gestoßen ist. Für Juni ist außerdem die Ankunft eines Bataillons aus dem westafrikanischen Staat Sierra Leone angekündigt.

Nach den jetzt bekannt gewordenen Plänen sollen im April 2.500 ugandische und burundische Soldaten nach Baidoa verlegt werden. In Beledweyne soll ein weiteres Bataillon aus Dschibuti stationiert werden. Ob die Äthiopier dann außer den beiden Städten auch andere von ihnen besetzte Teile Südwestsomalias räumen werden, ist noch nicht bekannt. Das AMISOM-Kommando ist offenbar bemüht, das Regime in Addis Abeba von einem vollständigen Rückzug abzuhalten.

Voraussichtlich noch in dieser Woche sollen die etwa 5.000 Soldaten aus dem Nachbarland Kenia, die im Oktober vorigen Jahres nach Südsomalia einmarschierten, formal der AMISOM angeschlossen werden. Die militärisch unerfahrenen Kenianer haben seit Beginn ihrer Invasion keines ihrer proklamierten Ziele, insbesondere die Eroberung der Städte Kismajo – mit einem wirtschaftlich bedeutenden Hafen – und Afmadow, erreicht. Gefürchtet sind hingegen ihre Luftangriffe auf zivile Einrichtungen in dem von Al-Schabab beherrschten Gebiet, wie etwa Schulen und Verteilstellen für Lebensmittel und andere Hilfsgüter.

Somalia wird international seit 2004 durch eine „Übergangsregierung“ repräsentiert, die unter dem Patronat der UNO und der Afrikanischen Union eingesetzt, aber niemals durch Wahlen bestätigt wurde. Die „Übergangszeit“, die eigentlich nur bis 2009 dauern sollte, wurde zwei Mal verlängert, soll nun aber nach dem Willen des UN-Sicherheitsrats endgültig am 20. August 2012 enden. Was sich dadurch praktisch ändern wird, ist allerdings unbekannt. Sicher ist nur: demokratische Wahlen soll es auch in den nächsten Jahren nicht geben.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 12. März 2012