KNUT MELLENTHIN

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Sanktionsbeschluss gegen Iran noch vor Weihnachten?

In der Diskussion zwischen den fünf ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrats und Deutschland über Sanktionen gegen den Iran zeichnet sich eine Annäherung ab. Amerikanische Diplomaten rechnen mit der Verabschiedung einer Resolution noch vor Weihnachten.

Ein erster Entwurf, den das EU-Trio (Deutschland, Frankreich und Großbritannien) Anfang November vorgelegt hatte, war von Russland und China als zu weit gehend abgelehnt worden. Inzwischen wurde über die umstrittenen Punkte mehrfach diskutiert, und am Freitag voriger Woche präsentierten die Europäer eine neue Vorlage. Der russische Außenminister Sergej Lawrow lobte am Montag, der überarbeitete Entwurf komme den russischen Vorstellungen entgegen und entspreche besser als die erste Fassung dem Ziel, die Iraner an den Verhandlungstisch zu holen. Lawrow machte aber, ebenso wie etwas später der russische UNO-Botschafter Witali Tschurkin, deutlich, dass immer noch Meinungsverschiedenheiten über einige Punkte des Entwurfs bestehen.

Ein wesentlicher Gewinn ist aus Moskauer Sicht, dass das von einem russischen Unternehmen gebaute Atomkraftwerk im iranischen Buschehr aus der Resolution gestrichen wurde. Im allerersten EU-Entwurf sollte das Projekt insgesamt unter die Sanktionen fallen. Das heißt, die Russen hätten die Arbeiten einstellen müssen. Eine später diskutierte zweite Fassung hätte dem russischen Unternehmen zwar den Weiterbau gestattet, aber nicht die vertraglich vereinbarte Belieferung mit Nuklearbrennstoff nach Fertigstellung. Buschehr hätte also nicht in Betrieb genommen werden können.

Inzwischen ist das Thema zur vollen Zufriedenheit der russischen Seite ganz vom Tisch. Russland hat sich mit seinem Standpunkt durchgesetzt, dass das AKW-Buschehr eine ziviles Projekt ist, zu dem Iran vollauf berechtigt ist und das nichts mit dem umstrittenen Thema Urananreicherung zu tun hat.

Hauptpunkt der noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten sind die von Europäern und Amerikanern geforderten Strafmaßnahmen gegen Personen und Institutionen - beispielsweise Firmen und Forschungseinrichtungen - die mit dem iranischen Atomprogramm zu tun haben. Gegen eine Reihe von Iranern soll, dem EU-Entwurf zufolge, ein internationales Reiseverbot verhängt werden. Ihre Auslandskonten, ebenso wie die mehrerer iranischer Unternehmen, sollen beschlagnahmt werden.

Russische Politiker und Diplomaten kritisieren, dass solche Strafmaßnahmen zur Behinderung und Einschränkung von "völlig legalen Tätigkeiten" im Rahmen des zivilen iranischen Atomprogramms führen könnten. Dieser Kritik hat sich auch China angeschlossen.

Die Verhandlungen sollten am Dienstag (nach Redaktionsschluss) in New York fortgesetzt werden.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 13. Dezember 2003