KNUT MELLENTHIN

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Wende, Aufschwung, Sensationen

Der Wahlkampf 1998 wird unter dem Stichwort Aufschwung-Lüge abzulegen sein. Die "Wende auf dem Arbeitsmarkt" war das einzige große, dafür unendlich breitgetretene Thema der CDU/CSU. "Job-Maschine! Der Motor läuft auf Touren", hieß es in CDU-Anzeigen Ende Juni, "Das macht Spaß - wir geben Gas!" textete man Anfang Juli, und selbst die "Blühenden Landschaften" wurden etwas später noch einmal aus dem Mülleimer der Geschichte hervorgeholt. "Unsere Arbeit trägt jetzt Früchte. Diese Aufschwung dürfen wir uns nicht von Rot-Grün kaputt machen lassen", folgte Anfang September.

Auffallend ist, daß die SPD dieser massiven Spekulation auf die Dummheit des Wählers kaum entgegentrat, also der sich inhaltlich aufdrängenden Konfrontation auf dem von der CDU/CSU vorgegebenen wichtigsten Themenfeld auswich. Hauptbotschaft der SPD war, daß sie "bereit für den Wechsel" sei und "vieles besser machen" werde. Dahinter stand offenbar die Überlegung, daß erstens ein konfrontativer Wahlkampf nur den ganz sicher scheinenden Vorsprung von Schröder gefährden könnte und daß sich zweitens gegen eine auf wahnhaften Optimismus aufgebaute Kampagne schlecht anargumentieren läßt, wenn man nicht selbst als ewiger Nörgler und Miesmacher dastehen will.

Laut offizieller Statistik lag die Zahl der Arbeitslosen im Mai 1998 zum ersten mal seit drei Jahren wieder bundesweit unter dem Vorjahresstand, und diese Tendenz ist seither stabil. Der Abstand zum Vorjahr lag im Mai bei 58.000 Menschen, im Juni bei 134.000, und im August sogar bei 276.000. Das entsprach für den August einem Rückgang der Arbeitslosenquote von 11,4 auf 10,6%, wobei der Unterschied zwischen altem Westen (9%) und neuem Osten (17,1%) anhaltend groß ist. Möglicherweise könnte in diesem Dezember die Zahl der Arbeitslosen leicht unter die Vier-Millionen-Grenze sinken, und im Durchschnitt des gesamten nächsten Jahres könnte sie um 200.000 bis 300.000 niedriger liegen als 1998. Das schätzt jedenfalls der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Jagoda. Damit läge sie aber im Jahresdurchschnitt wohl immer noch etwas über 4 Millionen.

Die Halbierungslüge

Immerhin, bis zum Jahr 2003 hält Jagoda jetzt eine Halbierung der Arbeitslosenzahl für möglich - durch Überstundenabbau um 40%, Senkung der Lohnnebenkosten um 2% und Einfrieren des Lohnniveaus. Halbierung der Arbeitslosenzahl? Da war doch mal irgend etwas? Richtig, im Januar 1996 kamen Bundesregierung und Gewerkschaften aus dem Konferenzraum mit dem Versprechen, schon bis zum Jahr 2000 diese Halbierung zu erreichen. Damals, mitten im saisonschwachen Winter, lag die Arbeitslosenzahl allerdings sogar noch etwas unter vier Millionen. Seither war sie bis zum Frühjahr 1998 kontinuierlich angestiegen, und einer nach dem anderen hatten sich die Politiker von der Halbierungsillusion verabschiedet. Am stursten gebärdete sich wieder einmal Kanzler Kohl: Erst Ende 1997 bekannte er, daß es damit wohl nichts werden würde.

Es hätte für eine politische Opposition nahe gelegen, das phantastische Halbierungsversprechen von 1996 mit dem heutigen Abfeiern eines minimalen Rückgangs der offiziellen Arbeitslosenzahlen als "Jumbo-Aufschwung" zu vergleichen. Nur schade, daß der DGB bei der Halbierungslüge voll mitgezogen hatte und auch die SPD damals die Bombenstimmung nicht durch allzu herben Realismus verderben wollte.

Andererseits ergaben Meinungsumfragen schon 1996, daß eine große Mehrheit der Menschen von vornherein nicht an die Verwirklichung des proklamierten Ziels glaubte. Wir haben die seltsame Situation, daß die Leute keineswegs bedingungslos den Lügen der Regierung Vertrauen schenken - und daher auch kaum enttäuscht sind, wenn daraus nichts wird. Außerdem scheint man das Gelüge auch nicht wirklich krumm zu nehmen, sondern hält es für die natürliche Tätigkeit eines cleveren Politikers, und vielleicht geradezu für einen Fähigkeitsbeweis. Dagegen hätte es selbstverständlich jede humorlose Opposition, die einfach nur auf Fakten verweist, äußerst schwer.

Es hat sich herumgesprochen, daß das deutsche Mini-"Jobwunder" im Vorfeld der Bundestagswahl in erster Linie einer kurzfristigen Ausweitung der Beschäftigungsmaßnahmen zuzuschreiben ist. Die Bundesregierung hatte in den letzten Jahren diese Maßnahmen immer mehr heruntergefahren und sie 1997 noch einmal stark gedrosselt, um sie seit Frühjahr 1998, genau getimed auf den Wahlkampf, plötzlich wieder in die Höhe zu treiben. Noch durchsichtiger ist seit des Kaisers neuen Kleidern wohl kaum jemals ein Schwindel inszeniert worden.

Nach der Statistik der Bundesanstalt für Arbeit gab es im August dieses Jahres 276.000 Arbeitslose weniger als im Vorjahr. Zugleich waren 171.500 mehr Menschen als im August 1997 in verschiedenen Beschäftigungsmaßnahmen. Vom diesem Plus entfielen nur 10.500 auf den Westen und 161.000 auf den Osten. Die amtliche Arbeitslosenzahl im Osten sank aber im Vergleich zum August 1997 nur um 86.000. Das heißt, daß in den "neuen Ländern" durch kurzfristig gesteigerte ABM und ähnliche Maßnahmen ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit verdeckt und scheinbar ins Gegenteil umgewandelt wird. Allein in der ostdeutschen Baubranche gingen nach Angaben Jagodas seit 1997 fast 90.000 Arbeitsplätze verloren.

Die Aufschlüsselung nach Ost und West zeigt andererseits, daß für das alte BRD-Gebiet die sinkenden Arbeitslosenzahlen wohl doch nicht einfach mit mehr Beschäftigungsmaßnahmen zu erklären sind. Selbstverständlich sind auch für die westlichen Bundesländer Begriffe wie "Wende auf dem Arbeitsmarkt" völlig unangemessen, aber eine ganz kleine, wenn auch vielleicht nur zeitweise Verbesserung scheint es immerhin zu geben?

Leichte Besserung?

Nicht einmal das ist angesichts der Tücken amtlicher Statistiken wirklich sicher. Rückgang der Arbeitslosenzahlen heißt keineswegs automatisch, daß wirklich mehr Menschen "Arbeit haben". Im Juni 1998 - das ist die aktuellste vorliegende Schätzung - soll es in Deutschland 34,02 Millionen Erwerbstätige gegeben haben. Das sind 800.000 weniger als im Jahresdurchschnitt 1995 und immer noch 13.000 weniger als im Juni 1997. Aufgeschlüsselt ergab sich für den Osten ein Minus von 54.000 und im Westen ein Plus von 41.000. Zur Erinnerung: Die Zahl der Arbeitslosen soll bundesweit im Juni 1998 um 134.000 unter dem Vorjahresstand gelegen haben. Das ergibt, plus den 13.000, fast 150.000 Personen, die zwar aus der Arbeitslosenzahl verschwanden, aber in der Erwerbstätigenzahl nicht wieder auftauchten. Was ist da passiert?

Eine der Ursachen für diese scheinbare Diskrepanz ist, daß das Arbeitskräftepotential in Deutschland seit mehreren Jahren rückläufig ist. Allein für Westdeutschland hat die Zahl potentieller "Erwerbspersonen" von 1997 auf 1998 um rund 100.000 abgenommen. Die Gründe dafür liegen in erster Linie im Bereich der Ausländer- bzw. Einwanderungspolitik: sinkende Aufnahmezahlen (nicht nur für "Asylbewerber", sondern auch für "deutschstämmige Rücksiedler" aus Osteuropa), erschwerter Zugang zum Arbeitsmarkt. Anders gesagt: Der demographische Abwärtstrend (Geburtenrückgang) wird heute weniger als früher durch Einwanderung aufgefangen.

Weitere Ursachen sind der systematischen "Bereinigung der Statistik" zuzuschreiben. Ein Beispiel dafür ist, daß seit Jahresanfang automatisch aus der Arbeitslosenzahl entfernt wird, wer die obligatorische Drei-Monats-Meldung versäumt. Dies meisten dieser Menschen tauchen zwar nach kurzer Zeit als Arbeitslose wieder auf, nachdem sie die versäumte Meldung nachgeholt haben, aber es ergibt sich vermutlich ein ständiger Posten von 10-20.000 Menschen, die tatsächlich arbeitslos sind, jedoch momentan nicht mitgezählt werden.

Zu den Tricks gehört auch die in Angriff genommene "Säuberung" der Statistik von Menschen, denen aufgrund ihres Gesundheitszustands oder auch wegen Alkohol- und Drogenproblematik die Arbeitsfähigkeit abgesprochen wird. Dadurch werden zunehmend Zehntausende, wahrscheinlich bald mehr als Hunderttausend Arbeitslose für die Statistik und Propaganda unsichtbar gemacht.

Außerdem wächst, vor allem durch die Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit, die Zahl der Arbeitslosen, die keinen Anspruch auf Zahlungen mehr haben (weil der Ehepartner "zuviel" verdient) oder deren Arbeitslosenhilfe unerträglich weit unter dem Existenzminimum liegt. Es findet daher eine ständige massenhafte Abwanderung aus der offiziell registrierten  Arbeitslosigkeit in die Schwarzarbeit oder in schlecht bezahlte Jobs (meist ohne Absicherung und unterhalb einer vollen Arbeitszeit) statt. In dieselbe Richtung wirkt der forcierte Einsatz von Zwangsarbeitsmodellen, sei es nun als kommunale Müllräumer oder als abkommandierte Erntehelfer. Wenn sich Zigtausende der Zwangsarbeit verweigern und daraufhin keine Zahlungen vom Arbeitsamt und Sozialamt mehr erhalten, kann man sich leicht vorstellen, welche Erwerbsmöglichkeiten ihnen noch offen stehen. Der Anteil der Schwarzarbeit am bundesdeutschen Bruttosozialprodukt wird heute auf 15 Prozent geschätzt, wobei einschränkend zu sagen ist, daß ein großer Teil davon durch legal Beschäftigte - wie beispielsweise ohne Rechnung arbeitende Handwerker - erbracht wird.

Stabilisierung durch Schwarzarbeit

Die nackte Zahl der "Erwerbstätigen" ist ohnehin nicht besonders aussagekräftig, weil sie keine Auskunft über das Anwachsen der Jobs ohne soziale Absicherung und unterhalb einer vollen Arbeitszeit gibt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung schätzt die aktuelle Zahl der sogenannten geringfügig Beschäftigten auf 5,4 Millionen. Allein zwischen 1991 und 1995 habe deren Zahl um 1,5 Millionen zugenommen. Nach einer Schätzung des "Spiegel", die insgesamt sogar noch etwas höher liegt, hat von 1992 bis 1997 die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um fast 7% abgenommen, während die geringfügig Beschäftigten um 26,5% zugenommen haben.

Stark angewachsen ist auch die Zahl der Schein-Selbständigen, die der DGB jetzt auf etwa eine Million schätzt. Die breiten Reihen dieser neuen "Kleinunternehmer" umfassen beispielsweise Zeitungszusteller ebenso wie Menschen, die im Supermarkt die Waren in die Regale stellen. Hinzugerechnet werden müssen außerdem Hunderttausende von Teilzeitjobs, die zwar oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, aber trotzdem nur knapp oder gar nicht zum Lebensunterhalt ausreichen und die durch zusätzliche Jobs ergänzt werden müssen - wofür sich wiederum besonders Formen am Rande oder außerhalb der Legalität anbieten.

Es erweist sich, daß der stark expandierende Sektor der Schwarzarbeit - überhaupt der einzige, auf dem es arbeitsmarktpolitisch wirklich "blühende Landschaften" gibt! - heute eine ganz entscheidende soziale Funktion hat. Schwarzarbeit erlaubt es Hundertausenden von Menschen, ihre Sozialhilfe oder Arbeitslosenhilfe aufzubessern, die weit unterhalb des Existenzminimums liegt, oder die gar keinen Anspruch auf Zahlungen haben, aber trotzdem keine "normale" Arbeit finden können. Das Lohnniveau auf dem schwarzen Arbeitsmarkt bildet darüber hinaus eine Grenze, unter die auch die Entlohnung von Zwangsarbeitern nicht leicht gedrückt werden kann.

Das heißt, nach Lage der Dinge ist die Schwarzarbeit heute nicht nur ein wesentlicher, sondern der entscheidende soziale Stabilisator, der ein Umkippen der Situation von Hunderttausenden in öffentlich sichtbare Armut - und zwar nicht nur im soziologischen, sondern wirklich im "klassischen" Sinn - verhindert. Für viele Menschen ist Schwarzarbeit außerdem zweifellos das bei weitem kleinere Übel, verglichen mit Abstumpfung, Resignation oder auch der Abkommandierung zu ungeliebten, diskriminierenden Zwangsarbeiten, deren Zweckbestimmung als Bestrafung, Abschreckung und repressive Pädagogik unübersehbar ist.

Ein Versuch, gegen die Schwarzarbeit systematisch und massiv vorzugehen - der von jeder der möglichen nächsten Regierungskonstellationen in Bonn zu erwarten ist - müßte auf irgendeine Weise diese Stabilisatorfunktion durch andere Faktoren ersetzen. Außer dem sogenannten Kombilohn, der nicht nur sehr schädliche "Nebenwirkungen" hätte, sondern ohnehin nur einen kleinen Teil des Gesamtproblems abdecken könnte, gibt es dafür keine Vorschläge oder Ideen. Jede Kampagne gegen die Schwarzarbeit setzt überdies den verheerenden deutschen Urinstinkt zur kriminalistischen Beobachtung und Denunzierung des Nachbarn nicht nur frei, sondern auch voraus. Wirkungsvoll betrieben müßte eine solche Kampagne zwangsläufig dazu führen, daß die ökologischen Nischen der versteckten Arbeitslosigkeit teilweise zusammenbrechen und der Druck auf den legalen Arbeitsmarkt enorm zunimmt.

Wie frisiert man eine Statistik?

Die Regierungs-Propaganda vom "Jumbo-Aufschwung" plus "Wende auf dem Arbeitsmarkt" verdreht die aktuelle Entwicklung ins Gegenteil. Tatsächlich ist kennzeichnend, daß trotz eines im Vergleich der letzten Jahre außerordentlichen hohen Wirtschaftswachstums und überdurchschnittlich guter Konjunkturbedingungen insgesamt keine positive Wirkung auf die Arbeitslosenzahlen eingetreten ist. Zieht man die kurzfristig aufgeblähten Beschäftigungsmaßnahmen und die diversen Verfälschungen der Statistik durch billige Tricks einmal ab, ist das Ausmaß der Arbeitslosigkeit heute insgesamt sicher noch größer als vor einem Jahr. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt, Allen Beschönigungsmanipulationen zum Trotz, sogar in der offiziellen Statistik immer weiter an, beispielsweise von Juni 1997 bis Juni 1998 um 114.000. Und wenn Jagoda darauf verweist, daß in den ersten sieben Monaten des Jahres 1998 rund 4,6 Millionen Menschen ihre Arbeitslosigkeit beendet hätten, so drückt das keine "Wende" aus, sondern nur eine irrsinnig hohe Fluktuation. Da die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen nur um weniger als 300.000 sank, müssen folglich mehr als 4,3 Millionen Menschen zwischen Januar und Juli 1998 arbeitslos geworden sein. Außerdem meldet die Statistik, daß derzeit im Westen 61,5% der Neueinstellungen nur befristet vorgenommen werden; im Osten sind das sogar 63,2%.

Dies ist die Situation unter den aktuellen denkbar günstigsten Konjunkturbedingungen. Mit Sicherheit wird aber jeder durch künftige Entwicklungen der Weltwirtschaft verursachte Rückgang zu einem erneuten starken Ansteigen der Arbeitslosenzahlen führen. Arbeitslosigkeit steht unter den Sorgen der Menschen seit vielen Jahren an erster Stelle, überwiegend gar nicht einmal so sehr aus unmittelbarer persönlicher Betroffenheit, sondern wegen der Bewertung der allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Hohe Arbeitslosigkeit signalisiert, daß die Verhältnisse nicht "in Ordnung" sind und daß die Regierung die Dinge nicht mehr im Griff hat. Sie macht darüber ständig hinaus auf ein grundsätzliches Defizit des Kapitalismus aufmerksam.

Daß die Herrschenden die Arbeitslosigkeit wegzulügen bzw. kleiner zu lügen versuchen, ist eine ganz normale Reaktion. Das ist zudem für sie die einzig mögliche Reaktion, denn an den Fakten selbst läßt sich offenbar selbst in einer Phase starken Wirtschaftswachstums und eines beispiellosen Exportbooms nicht viel ändern. Unabhängig davon, welche Koalition nach den Wahlen gebildet wird, wird die Manipulation der Arbeitslosenstatistik eine zunehmend wichtigere propagandistische Rolle spielen. Dazu gehören alle Zwangsarbeitsmodelle ebenso wie die Züchtung einer unübersehbar großen Zahl von Unternehmen, mit denen clevere Leute - darunter anscheinend auch etliche Ex-Linke - Kopfprämien für die Vermittlung von Arbeitslosen in meist niedrig qualifizierte, schlecht bezahlte Jobs kassieren. Daß solche Firmen Kontroll- und Denunziationsfunktionen übernehmen, ist ein willkommener Nebeneffekt.

Chancen haben auch alle Überlegungen, wie man "klotzen statt kleckern" könnte, indem man die Arbeitslosigkeit gleich im ganz großen Stil wegdefiniert. Ein sicherer Erfolg wäre beispielsweise, wenn man alle Arbeitslosen, die keinen Anspruch auf "Leistungsbezug" haben, automatisch aus der Statistik werfen würde. Auch auf dem Gebiet der systematischen Aussortierung von "nicht Arbeitsfähigen" nach gesundheitlichen, altersmäßigen oder qualitativen Gesichtspunkten läßt sich sicher noch eine ganze Menge machen. Ein Viertel der Arbeitslosen sind sowieso schon über 55 Jahre alt, überwiegend unvermittelbar und auch zum Spargelstechen nicht mehr tauglich, belasten also nur die Statistik. Außerdem: Würde man ausländische Arbeitslose nicht mehr mitzählen bzw. irgendwo ganz unauffällig als eigene Kategorie verbuchen, könnte man die offizielle Arbeitslosenzahl schlagartig um fast 20% senken.

Knut Mellenthin

Analyse & kritik, September 1998