KNUT MELLENTHIN

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Kriegserklärer des Tages

Im amerikanischen Senat gilt Joseph ("Joe") Lieberman als Zünglein an der Waage. Wegen seiner übergroßen Begeisterung für den Irakkrieg wurde der frühere Demokrat von seiner Partei zur Wahl im vorigen Jahr nicht wieder nominiert. Er trat daraufhin als Unabhängiger gegen den demokratischen Kandidaten an und schaffte erneut den Sprung in die zweite Kammer des Kongresses, der er schon seit 1988 angehört. Der Mann aus dem kleinen Bundesstaat Connecticut hat es jetzt in der Hand, im Senat ein 50-50-Patt herzustellen, indem er mit den Konservativen stimmt.

Lieberman kann es kaum erwarten, dass die US-Streitkräfte endlich auch gegen den Iran losschlagen. "Tatsache ist, dass die iranische Regierung uns mit ihren Aktivitäten den Krieg erklärt hat", verkündete der 65-Jährige am Dienstag. Er bezog sich damit auf die fragwürdigen Behauptungen, wonach Teheran irakische Aufständische unterstützt. Die Regierung in Washington sei verpflichtet, "alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um diese terroristischen Angriffe gegen unsere Soldaten und unsere Verbündeten im Irak zu beenden, einschließlich der Möglichkeit militärischer Schläge gegen die terroristische Infrastruktur im Iran".

Lieberman hatte schon Anfang Juni gefordert, die USA müssten "sich darauf vorbereiten, offensive Militäraktionen gegen die Iraner durchzuführen, um sie daran zu hindern, Amerikaner im Irak zu töten". Dies schließe Militärschläge über die Grenze ein. Seiner Einschätzung nach könne die Sache größtenteils durch Luftangriffe erledigt werden, sagte der Senator, doch wolle er auch den Einsatz von Bodentruppen nicht ausschließen.

"Joe" ist seit langem als Vorprescher und Einpeitscher bekannt, wenn es um die Militarisierung der amerikanischen Politik im Nahen und Mittleren Osten geht. 1990-1991 sorgte er maßgeblich dafür, dass ein Teil der Demokraten im Kongress den ersten Irak-Krieg unterstützte. Jetzt überflügelt Lieberman mit seiner expliziten Forderung nach Luftangriffen auf iranisches Gebiet sogar die Bush-Regierung, die diese Möglichkeit in Zusammenhang mit den Kämpfen im Irak bisher ausgeschlossen hat. Man wird seiner gedenken, wenn von den Brandstiftern des nächsten Krieges die Rede sein wird.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. Juli 2007