KNUT MELLENTHIN

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Parlament gegen Ahmadinedschad

Mahmud Ahmadinedschads innenpolitische Gegner verschärfen ihre Kampagne zum Sturz des iranischen Präsidenten. Das Teheraner Parlament billigte am Mittwoch einen Bericht des Energie-Ausschusses, der Ahmadinedschad eine „offensichtliche Verletzung der Verfassung“ vorwarf. Damit droht dem Staatsoberhaupt die Einleitung eines Gerichtsverfahrens. Die Abgeordnetenmehrheit folgte damit einem Urteil des mit dem Schutz der Verfassung beauftragten Wächterrats vom vorigen Freitag.

Die Entscheidung des Parlaments fiel mit 165 Stimmen bei nur einem Gegenvotum und 13 Enthaltungen sehr klar aus. Allerdings beteiligten sich viele der insgesamt 290 Abgeordneten nicht an der Abstimmung. Gegenstand des Streits ist die Entlassung von Ölminister Massud Mirkazemi und die kommissarische Übernahme von dessen Amtsgeschäften durch Ahmadinedschad. Der Präsident hat zwar unstrittig das Recht, Minister zu entlassen und bis zu drei Monate lang Geschäftsführer einzusetzen, bevor er das Parlament konsultiert. In der Selbsternennung des Präsidenten sehen die Abgeordneten jedoch einen rechtswidrigen Amtsmissbrauch. In dem vom Parlament gebilligten Ausschussbericht heißt es, Ahmadinedschad habe als geschäftsführender Ölminister „einige Anordnung erlassen, die offensichtliche Beispiele illegaler Eingriffe in die Finanzmittel der Regierung sind“. Einige Abgeordnete äußern sogar den Verdacht persönlicher Bereicherung.

Gleichzeitig werden Unterschriften für eine Petition gesammelt, mit der Ahmadinedschad gezwungen werden soll, vor dem Parlament zu einer Reihe von Fragen und Vorwürfen Stellung zu nehmen. Bisher haben rund 50 Abgeordnete unterschrieben. Ein Viertel der 290 Parlamentarier müsste die Petition unterstützen, um sie verbindlich zu machen.

Amadinedschad will längerfristig acht Ministerien zu vieren zusammenlegen und damit deren Gesamtzahl auf 17 verringern. Einige seiner Personalentscheidungen waren schon in der Vergangenheit umstritten. Im April hob der Oberste Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei die Entlassung von Geheimdienstminister Heidar Moslehi durch den Präsidenten auf. Ahmadinedschad blieb daraufhin aus Protest zehn Tage lang den Kabinettssitzungen fern. Im Dezember war der Präsident weithin auf Unverständnis gestoßen, als er seinen Außenminister Manuchehr Mottaki völlig überraschend und ohne ein Wort der Begründung feuerte, während sich dieser auf einer Auslandsreise befand.

Ahmadinedschads Gegner richten ihre Angriffe aus taktischen Gründen hauptsächlich gegen Personen seiner engsten Umgebung, darunter an erster Stelle sein Bürochef Esfandiar Rahim-Maschaie. Durch die Ehe ihrer Kinder sind die beiden miteinander verwandt. In den Streit griff der Oberbefehlshaber der Islamischen Revolutionsgarden, Mohammad-Ali Safari, am vorigen Sonntag mit dem Vorwurf ein, eine „abweichlerische Strömung“ in der Umgebung des Präsidenten wolle die im März 2012 anstehenden Parlamentswahlen durch Bestechungen „manipulieren“.

Knut Mellenthin

3. Juni 2011