KNUT MELLENTHIN

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Teheraner "Holocaust-Konferenz": Eine Schande für den Iran

Am Dienstag ging in Teheran eine zweitägige "Holocaust-Konferenz" mit 67 Teilnehmern aus 30 Ländern zu Ende, die das iranische Außenministerium organisiert hatte. Dass eine solche Konferenz stattfinden sollte, war erstmals im Januar angekündigt worden. Die Initiative ging vom Verband Muslimischer Journalisten aus. Die Meldungen der iranischen Nachrichtenagenturen ließen damals befürchten, dass das Treffen in erster Linie notorischen Holocaust-Leugnern wie Horst Mahler, Robert Faurisson, David Irving (der zur Zeit allerdings in Österreich im Gefängnis sitzt) und Israel Shamir eine Plattform bieten würde. Ausgerechnet von ihnen schienen sich iranische Politiker Aufklärung zu erhoffen, ob der Völkermord des deutschen NS-Regimes an den Juden überhaupt stattgefunden hat. Für einige schien die Antwort von vornherein festzustehen. So verstieg sich Außenamtssprecher Hamid Resa Asefi, für seine nicht immer kontrollierten Sprüche bekannt, zu der maßlosen Aussage: "Ich glaube, dass die vom zionistischen Regime begangenen Verbrecher größer sind als der Holocaust." (nach al-Jazeera vom 12. Februar) Asefi wurde inzwischen abgelöst, was so gesehen kein Verlust ist.

Inzwischen wurde die "Holocaust-Konferenz" mehrfach verschoben. Das Thema, das von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zeitweise geradezu obsessiv behandelt worden, schien keine nennenswerte Rolle mehr zu spielen. Das mochte zur Hoffnung berechtigen, dass iranische Politiker, insbesondere auch das federführende Außenministerium, sich mittlerweile mit den historischen Tatsachen und mit der realen Situation der Holocaust-Forschung näher vertraut gemacht hatten. Man konnte sogar hoffen, dass das abstoßende Projekt, an dem nur Irans Feinde Freude haben können, stillschweigend zu Grabe getragen worden war.

Der Verlauf der Konferenz am Montag und Dienstag jedoch entsprach, wenn das von den iranischen Nachrichtenagenturen gezeichnete Bild zutrifft, den allerschlimmsten Erwartungen. Neben Holocaust-Leugnern wie dem Franzosen Robert Faurisson, der auch in Teheran die Existenz von Gaskammern bestritt, waren Rechtsextremisten wie der US-Amerikaner David Duke angereist, der die "Überlegenheit der weißen Rasse" propagiert und dessen Verbindungen zum Ku-Klux-Klan aktenkundig sind. Einig waren sie sich in der Behauptung, dass der ganze Holocaust "eine große Lüge" sei.

Als deplazierte Exoten wirkten in dieser Umgebung einige ultra-orthodoxe Rabbiner aus Österreich und Großbritannien, die aus ganz anderen Gründen die Existenz des Staates Israel ablehnen. "Selbstverständlich sagen wir, dass es den Holocaust gab, denn wir haben ihn durchlitten. Aber keinesfalls darf er als Rechtfertigung missbraucht werden, die Palästinenser ungerecht zu behandeln", sagte der britische Rabbi Ahron Cohen.

Einen Gefallen haben die iranischen Veranstalter ihrem Land mit dieser "Konferenz" nicht getan. Man fragt sich, ob es in dieser großen Nation keine Historiker gibt, die es besser wissen und sich Gehör verschaffen könnten.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 14. Dezember 2006