KNUT MELLENTHIN

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"Achse der Vernunft"

USA, Israel, Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Emirate unterstützen gemeinsam das ägyptische Militärregime.

Die US-Regierung hat am Dienstag Berichten über eine Unterbrechung der Militärhilfe an Ägypten widersprochen. Zwar werde diese vor dem Hintergrund der Ereignisse seit dem Sturz des Präsidenten Mohammed Mursi durch die Militärs am 3. Juli „überprüft“, erklärten übereinstimmend Sprecher des Weißen Hauses, des State Department und des Pentagon. Eine Entscheidung sei jedoch noch nicht gefallen.

Mehrere Medien hatten zuvor unter Berufung auf einen Mitarbeiter des demokratischen Senators Patrick Leahy gemeldet, die Auszahlung der Militärhilfe sei in der Praxis zeitweise gestoppt worden, auch wenn dies keine offizielle Maßnahme der Regierung sei. Leahy will diese Information als Vorsitzender des Unterausschusses für Auslandsoperationen erhalten haben. Er ließ das später zur Formulierung abschwächen, dass dies sein „Verständnis“ des Vorgangs sei.

Ägypten soll laut Haushaltsplan im laufenden Jahr 1,23 Milliarden Dollar Hilfszahlungen erhalten. Der größte Teil davon, rund eine Milliarde, ist als Militärhilfe deklariert und darf ausschließlich zum Kauf US-amerikanischer Waffen verwendet werden. Das Geld wird der ägyptischen Regierung nicht etwa direkt ausgezahlt, sondern landet auf einem vom US-Finanzministerium eingerichteten Sonderkonto. Dieses weist angeblich derzeit noch ein Guthaben von 585 Millionen Dollar auf. Falls das Geld wirklich „eingefroren“ würde, wären die eigentlichen Geschädigten die amerikanischen Rüstungskonzerne, für die Ägypten ein stabiler Markt ist.

Das lässt es von vornherein sehr unwahrscheinlich erscheinen, dass das Weiße Haus die Militärhilfe als politischen Hebel gegen die Kairoer Junta einsetzen könnte. Gerade erst hat die US-Luftwaffe dem Konzern General Electric einen Großauftrag zur technischen Nachrüstung der veralteten ägyptischen Düsenjäger erteilt. Im Gegensatz dazu ist die Zurückhaltung der fälligen Lieferung von vier F-16-Kampfflugzeugen, die Washington am 24. Juli anordnete, eine bedeutungslose Geste. Gleiches gilt für die am 15. August mitgeteilte Absage eines gemeinsamen Militärmanövers.

Ob die ägyptische Junta durch eine Unterbrechung der US-amerikanischen Zahlungen überhaupt ernsthaft zu treffen wäre, ist zweifelhaft: Die reaktionären arabischen Regimes haben sofort zugesagt, den Putsch durch eine Anschubzahlung von 12 Milliarden Dollar zu unterstützen, wovon Saudi-Arabien bei weitem den größten Teil tragen will. Zwar behauptete die New York Times am Dienstag, Ägypten könnte davon weder amerikanische Waffen noch Ersatzteile kaufen. In der Praxis wäre das allerdings kaum zu verhindern, zumal diese auch auf dem Umweg über andere arabische Staaten geliefert werden könnten.

Für alle Fälle hat sich Israels Rechtsregierung mit den arabischen Regimes zu einer „Achse der Vernunft“ zusammengetan, wie es ein im neokonservativen Wall Street Journal zitierter israelischer Regierungsbeamter genannt haben soll. Gemeinsam ist diese Allianz bemüht, Sympathiewerbung für die Kairoer Junta zu betreiben und Reaktionen westlicher Staaten auf die dort praktizierte blutige Repression zu verhindern oder wenigstens zu entschärfen.

Die israelische Regierung hat, wie das Wall Street Journal und die New York Times am Wochenanfang meldeten, ihre Diplomaten in Washington, London, Paris, Berlin, Brüssel und anderen – nicht genannten – Hauptstädten angewiesen, in den Außenministerien ihrer Gastländer vorstellig zu werden, um vor „überzogenen“ Schritten gegen das ägyptische Regime zu warnen. Ihre Botschaft: Nur das Militär könne „noch schlimmeres Chaos“ verhindern. Die New York Times zitierte einen nicht namentlich bezeichneten israelischen Regierungsbeamten mit dem Spruch: „Was ist die Alternative? Es geht um Armee oder Anarchie.“ Am Sonnabend berichtete das Blatt unter Berufung auf diplomatische Quellen, dass Israel engen Kontakt zu Juntachef General Abdel Fatah al-Sisis halte. 

Knut Mellenthin

Junge Welt, 22. August 2013