KNUT MELLENTHIN

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NATO will bleiben

Die libyschen Rebellen haben sich ablehnend zu einem UN-Plan geäußert, internationale Militärbeobachter und Polizisten im Land zu stationieren. Das bestätigte am Dienstag der Sondergesandte des UN-Generalsekretär Ban Ki-Mun für Libyen, Ian Martin. Er ließ dabei allerdings durchblicken, dass er diese Entscheidung nicht für endgültig hält. Zwar erwarte man zu diesem Zeitpunkt kein offizielles Ersuchen der Rebellen, bleibe aber bereit, „die umfangreichen Erfahrungen einzubringen, die die UNO in vielen Nach-Konflikt-Situationen erworben hat“.

Zuvor hatte der Vorsitzende der Nationalen Übergangsrats der Rebellen, Mustafa Abdul Dschalil, erklärt, dass sie keine Hilfe von außen bräuchten, um die Sicherheit aufrecht zu erhalten. Andererseits hatte Dschalil die NATO gerade erst am Montag zur Fortsetzung ihrer militärischen Unterstützung aufgerufen. Noch deutlicher äußerte sich der Verteidigungsminister der Rebellenregierung, Dschalal Al-Digheily: „Selbst wenn die Kämpfe beendet sind, werden wir weiter die logistische und militärische Hilfe der NATO benötigen.“

Am Wochenende waren die Vorschläge einer von Ban Ki-Mun eingesetzten Arbeitsgruppe für die künftige Rolle der Vereinten Nationen in Libyen durchgesickert. Die Autoren gehen davon aus, dass die UNO die „Übergangsbehörden“ dabei unterstützen sollte, „die öffentliche Sicherheit wiederherzustellen“, die „Herrschaft des Rechts durchzusetzen“, „die Staatsautorität auszuweiten“, die öffentliche Dienste in Gang zu bringen und die Wirtschaft wieder aufzubauen.

Zu diesem Zweck sollen – sofern die libysche Seite förmlich darum bittet und der UN-Sicherheitsrat zustimmt – 200 unbewaffnete Militärbeobachter entsandt werden, um „zur Vertrauensbildung und zur Durchführung vereinbarter militärischer Aufgaben beizutragen“. Dazu gehöre, bestimmte Kräfte im Rebellenlager von Übergriffen gegen ihre Kriegsgefangenen „abzuschrecken“. Außerdem sollen die Militärbeobachter als Kontaktstellen „zu den verschiedenen militärischen Akteuren, einschließlich eventueller internationaler Akteure“ dienen.

Zwei Mitgliedstaaten seien bereits angefragt worden, ob sie zur Entsendung von Militärbeobachtern bereit wären. Ihre Antwort stehe noch aus. Nach Presseberichten soll es sich dabei um Jordanien und die Türkei handeln. Ein weiterer Vorschlag des Papiers betrifft die Entsendung eines von der UNO mandatierten Polizeikontingents von 190 Personen.

Die Verfasser schätzen ein, dass die „Stabilisierung“ Libyens nach Ende der Kämpfe „robusteren internationalen Beistand“ erfordern könnte. Das wäre dann „eine Aufgabe, die eindeutig über die Kapazität der UNO hinausgeht“. Die kaum misszuverstehende Empfehlung des Papiers für diesen Fall: „Das von der NATO umgesetzte Mandat des Sicherheitsrats zum 'Schutz der Zivilisten' endet nicht mit dem Sturz der Gaddafi-Regierung, und die NATO wird daher weiterhin gewisse Verantwortungen haben.“

So ähnlich sieht das auch das westliche Bündnis selbst. Auf einer Pressekonferenz am Dienstag führte der Sprecher für die Militäroperationen gegen Libyen, Oberst Roland Lavoie, aus: „Das Ende unserer Mission hängt nicht von der Ergreifung oder Nicht-Ergreifung Gaddafis ab. Es hängt davon ab, wie die NATO das Ausmaß der Bedrohung der libyschen Zivilbevölkerung einschätzt.“ Und etwas später: Die entscheidende Frage sei, „ob die libyschen Behörden in der Lage sein werden, die Gesamtkontrolle über die Sicherheit ihres Landes zu übernehmen.“

Knut Mellenthin

Junge Welt, 1. September 2011