KNUT MELLENTHIN

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Todesschwadron in Pakistan?

Formieren sich im pakistanischen Sicherheitsapparat jetzt „Todesschwadronen“? Wie die englischsprachige Tageszeitung „The News“ berichtete, wurden am Montag drei Männer an unterschiedlichen Stellen des Bezirks Malakand ermordet aufgefunden. Die Leichen waren über Nacht gut sichtbar an zentralen Orten – einem Marktplatz, einem Basar und einer Hauptstraße – an Leitungsmasten aufgehängt worden. Unten an den Masten waren Zettel angebracht worden, die die Toten als Kämpfer oder Unterstützer der Taliban bezeichneten. In einem Fall handelte sich um einen Gemüseverkäufer, dem von den Mördern vorgeworfen wurde, für die Taliban „spioniert“ zu haben. Die Zettel enthielten zudem eine Warnung, dass jeden das gleiche Schicksal treffen werde, der versuchen sollte, die Leichen vor 12 Uhr mittags zu bergen. Um die Hingerichteten sammelten sich zahlreiche Schaulustige, und selbst die Angehörigen wagten es nicht, die Toten vor der gesetzten Frist abzuhängen und zu begraben.

Der Bezirk Malakand - nicht zu verwechseln mit der Region Malakand, zu der er nicht gehört – ist Teil der Nordwest-Grenzprovinz (NWFP). Er war nicht Schauplatz der Großoffensive der pakistanischen Streitkräfte in drei benachbarten oder nahe gelegenen Bezirken, die Ende April begann und immer noch nicht ganz abgeschlossen ist.

Die Gleichförmigkeit der drei Hinrichtungen und Zurschaustellungen an mehreren Orten deutet darauf hin, dass die Täter im Sicherheitsapparat zu suchen sind. Grundsätzlich wären solche Morde aber auch den Laschkars zuzutrauen, den lokalen Milizen, deren Bildung und Bewaffnung von der Regierung stark gefördert wird. Laschkars werden in der Regel nur zu einem bestimmten Anlass und Zweck gebildet, wobei jede Familie, Großfamilie oder Dorfgemeinschaft verpflichtet ist, eine bestimmte Zahl von Kämpfern zu stellen. Der militärische Wert dieser Trupps im Kampf gegen die Taliban ist fragwürdig, zumal die Laschkars kaum kontrollierbar sind und oft mehr an der Begleichung alter Rechnungen mit einzelnen Familien, Nachbargemeinden oder Konkurrenten im Schmuggelgeschäft interessiert sind. Außerdem ist ihre Loyalität – und damit auch der Verbleib ihnen anvertrauter Waffen – unsicher. Laschkars sind in erster Linie ein Propagandaschlager, mit dem die pakistanische Regierung ihren amerikanischen Freunden vorführt, dass sich jetzt auch die Bevölkerung gegen die Taliban erhoben habe.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 16. Juli 2009