KNUT MELLENTHIN

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Der lange Weg zur Intervention

Mit einem militärischen Ausbildungsprogramm will die EU in den somalischen Bürgerkrieg eingreifen. Aber wesentliche Fragen sind noch nicht geklärt.

Die EU will sich an der Ausbildung somalischer Soldaten für den Bürgerkrieg beteiligen. Einen entsprechenden Beschluss, der schon seit mehreren Monaten vorbereitet wurde, zeichneten die Außenminister der Gemeinschaft am Montag in Brüssel formal ab. Bisher führt als einziges europäisches Land nur Frankreich seit Juli vorigen Jahres ein solches Trainingsprogramm in seinem Stützpunkt Dschibuti am Roten Meer durch.

Die jetzt verabschiedete Resolution enthält kaum konkrete Einzelheiten. Sie besagt lediglich, dass die Ausbildung in Uganda stattfinden und dass sie im Frühjahr beginnen soll. Im Beschluss wird darauf verwiesen, dass Uganda bereits somalische Soldaten ausbildet. Außerdem werde durch die Wahl dieser Örtlichkeit die Koordinierung des EU-Projekts mit der in der somalischen Hauptstadt Mogadischu stationierten afrikanischen „Friedenstruppe“ AMISOM erleichtert. Diese besteht zur Zeit aus insgesamt 5300 ugandischen und burundischen Soldaten. Sie sollen die nicht demokratisch legitimierte sogenannte Übergangsregierung Somalias im Kampf gegen die Islamisten unterstützen.

Unter Berufung auf nicht namentlich genannte EU-Diplomaten meldeten mehrere Medien angebliche Details der Planung. Danach soll die Mission unter spanischer Führung stehen, rund 100 Ausbildungsoffiziere umfassen und voraussichtlich im Mai ihre Arbeit beginnen. 2000 somalische Soldaten sollen das Trainingsprogramm durchlaufen. Einigen unbestätigten Berichten zufolge haben neben Frankreich und Spanien auch Großbritannien, Slowenien, Griechenland und Ungarn ihre Bereitschaft erklärt, sich an der Ausbildung zu beteiligen. Die Bundesregierung hatte zwar vor einigen Monaten grundsätzliche Bereitschaft zur Mitarbeit signalisiert, hat sich aber bisher noch nicht offiziell festgelegt.

Frankreich war schon im April 2009 aktiv geworden, um eine kollektive Beteiligung der EU an der Ausbildung somalischer Soldaten zu erreichen. Daraufhin hatten die europäischen Außenminister Ende Juli 2009 beschlossen, die „technischen Voraussetzungen“ eines solchen Programms zu prüfen, ohne sich jedoch verbindlich festzulegen. Am 17. November 2009 einigten sich die Verteidigungsminister der EU grundsätzlich auf die Durchführung der Ausbildung – aber mit dem Vorbehalt, dass alle praktischen Einzelheiten erst noch ausgearbeitet werden müssten.

Die lange Verschleppung der definitiven Entscheidung deutet auf die erheblichen Schwierigkeiten des Vorhabens und die Uneinigkeit unter den EU-Mitgliedern hin. Einige immer noch offen gebliebene Fragen sind in der am Montag verabschiedeten Resolution benannt. Sie betreffen die Überwachung der somalischen Truppen nach Abschluss der Ausbildung und deren Bezahlung.

Im Hintergrund steht: Die somalische „Übergangsregierung“ ist praktisch bankrott und kann die regelmäßige Auszahlung des ohnehin sehr niedrigen Solds an ihre Soldaten nicht gewährleisten. Das ist ein wesentlicher Grund für die starke Fluktuation der Truppen. Viele Soldaten laufen mit ihren Waffen zu den Islamisten oder zu lokalen Warlords über. Andere bestreiten ihren Lebensunterhalt mit kriminellen Aktivitäten wie etwa der Errichtung privater „Kontrollpunkte“, an denen sie „Gebühren“ kassieren. Auf diese Probleme bezieht sich die Frage nach der künftigen Überwachung der von der EU ausgebildeten Soldaten. Zur Zeit favorisieren die europäischen Regierung anscheinend deren enge Anbindung an AMISOM, insbesondere an die ugandischen Truppen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 29. Januar 2010