KNUT MELLENTHIN

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Neuer Vermittlungsversuch in Somalia

In Somalia gibt es neue Hoffnungen, die Verhandlungen zwischen der in der Provinzstadt Baidoa residierenden "Übergangsregierung" (TFG) und der fundamentalistischen Union der Islamischen Gerichte (UIC) wieder in Gang zu bringen. Der Sprecher des Baidoa-"Übergangsparlaments", Sharif Hassan Sheikh Aden, hielt sich von Sonntag bis Dienstag zu Gesprächen in der Hauptstadt Mogadischu auf, die seit Anfang Juni von der UIC kontrolliert wird. Zuvor war in der vorigen Woche in Khartum (Sudan) die dritte Verhandlungsrunde zwischen TFG und UIC gescheitert. Den internationalen Vermittlern, darunter Vertreter der Arabischen Liga, der Afrikanischen Union und der EU, war es nicht gelungen, die Streitparteien an einen gemeinsamen Tisch zu bekommen.

Nach dem Besuch in Mogadischu äußerten sich am Mittwoch sowohl Aden als auch seine Gesprächspartner von der UIC zuversichtlich, die in die Sackgasse geratenen Verhandlungen wieder aufzunehmen, um die Gefahr eines neuen Bürgerkriegs abzuwenden. Wieweit diese Einigung trägt, bleibt abzuwarten, da Parlamentssprecher Aden seinen Vermittlungsversuch ohne Zustimmung der "Übergangsregierung" angetreten hatte. Diese hat inzwischen das Vertrauen der Mehrheit des "Übergangsparlaments" verloren. Mehrere Abgeordnete haben in den vergangenen Wochen Baidoa verlassen und sich der UIC angeschlossen.

Der stellvertretende Ministerpräsident der TFG, Abdullahi Sheik Ismail, distanzierte sich bei einem Besuch in Kenia von Adens Gesprächen in Mogadischu und sagte, die "Übergangsregierung" habe den Parlamentssprecher zuvor aufgefordert, seine Reise zu "verschieben", um "die Strategie zu koordinieren".

Ein zentrales, unmittelbares Ziel Adens war, die UIC zur Aufhebung der Blockade Baidoas zu veranlassen. Milizen der Islamisten und ihrer örtlichen Verbündeten kontrollieren alle Inlandsverbindungen des TFG-Sitzes und verhindern vor allem die Lieferung von Energieträgern. Die UIC sicherte dem Gast zwar zu, seine Bitte zu "prüfen", vermied aber eine Festlegung.

In der vorigen Woche deutete sich ein weiterer Konfliktherd an: Es kam erstmals zu einer militärischen Konfrontation zwischen der UIC und Soldaten aus der nordöstlichen Region Puntland, die 1998 mit Unterstützung Äthiopiens ihre Unabhängigkeit erklärte. Truppen aus Puntland sollen nach Angaben der UIC an der Seite eines lokalen Warlords in die Kämpfe um eine somalische Stadt eingegriffen haben. Die Regierung Puntlands, die mit der TFG zusammenarbeitet, bestreitet eine Beteiligung an den Kämpfen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 9. November 2006