KNUT MELLENTHIN

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"For he's a jolly good fellow"

Tierschutzverein ehrt Vorkämpfer des "Kampfhunde"-Verbots

Dass der Vorstand des Hamburger Tierschutzvereins das schöne alte Lied "For he's a jolly good fellow" anstimmte, als er den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Michael Fuchs mit einer Ehrenurkunde auszeichnete, ist ein völlig unbewiesenes Gerücht. Tatsächlich verbürgt ist aber, dass der als Vorkämpfer der verschärften Hundeverordnung bekannte Spezi von HTV-Geschäftsführer Poggendorf wirklich die Ehrenurkunde "für sein tierfreundliches und tierschützerisches Engagement" erhalten hat.

Die HTV-Vereinszeitschrift "ich & du", in der die makabre Ehrung vermeldet wird, schweigt sich über den praktischen Inhalt dieses Engagements aus. Im HTV-Zusammenhang war der CDU-Mann bisher nur durch seinen Redebeitrag auf der Mitgliederversammlung im November 2000 aufgefallen: Damals hatte er sein Missfallen über einige Zeitungsartikel bekundet, in denen Poggendorfs Tätigkeit kritisch kommentiert worden war.

Da der HTV-Vorstand das Engagement des Ehrentierschützers Fuchs für das "Kampfhunde"-Verbot offenbar nicht völlig verschweigen kann, hat man sich in der "ich & du" dazu den gewundenen und zweifelhaften Satz abgequetscht, es sei dem CDU-Abgeordneten "sehr schwer gefallen, der Hamburger Hundeverordnung zuzustimmen". Diese Behauptung kann bei aufmerksamen Beobachtern der Vorgänge nur mit höchstem Erstaunen quittiert werden. Denn der Name von Michael Fuchs steht als erster, gefolgt von einigen weiteren, über einem Antrag, den die CDU-Fraktion am 10. Mai 2000 in der Bürgerschaft einbrachte. Also, wohlgemerkt, sieben Wochen vor der "Kampfhund"-Hysterie, die nach dem unglücklichen Tod des kleinen türkischen Jungen Volkan in Wilhelmsburg ausgelöst wurde. Also sieben Wochen vor Erlass der neuen Hundeverordnung, die als schärfste in ganz Deutschland gilt.

In ihrem am 10. Mai 2000 gestellten Antrag setzten sich Fuchs und seine CDU-Kollegen dafür ein, die gerade am 14. März des gleichen Jahres von der Bürgerschaft beschlossene  Hundeverordnung erheblich zu verschärfen. Zur Erinnerung: Damals war bewusst auf jede Form einer Rassenliste verzichtet worden. Fuchs und seine Kollegen klagten daraufhin in ihrem Antrag, die Verordnung sei "nicht weitreichend genug, um der Gefährlichkeit bestimmter Hunde gerecht zu werden". Sie forderten, bestimmte Rassen ausdrücklich als "Kampfhunde" zu diskriminieren und deren Haltung nur noch in Ausnahmefällen, bei Vorliegen eines "besonderen Interesses", zu erlauben. Namentlich verlangten Fuchs und seine CDU-Kollegen, "auf jeden Fall" Pitbulls, Bandogs, Staffordshire Bullterrier und American Staffordshire Terrier generell als "gefährlich" einzustufen und unter Sonderrecht zu stellen. Darüber hinausgehend sollte die Innenbehörde aber auch ermächtigt werden, weitere "Rassen, Kreuzungen und sonstige Gruppen von Hunden (zu) bestimmen, für welche die Eigenschaft als Kampfhunde vermutet wird".

In Zusammenhang mit der nun erfolgten Ehrung des Herrn Fuchs durch den HTV-Vorstand ist auffallend, dass in dem CDU-Antrag vom 10. Mai 2000 zur Begründung der Forderungen behauptet wurde: "Ca. 90 aggressive und nicht mehr zu vermittelnde Pitbulls sind zur Zeit im Tierheim Süderstraße untergebracht." - Diese Behauptung war nachweislich falsch. Sie stammte allerdings von Fuchs-Spezi Poggendorf höchstpersönlich. Nachzulesen war dies in einer dpa-Meldung vom 9. Mai 2000, also genau einen Tag vor dem CDU-Antrag. Dass hier zwischen Fuchs und Poggendorf Hand in Hand gearbeitet wurde, Poggendorf also zumindest indirekt am CDU-Antrag mitformuliert hat, ist jedenfalls dem Augenschein nach zu vermuten. Tatsächlich hatte Poggendorf niemals 90 Pitbulls in dem von ihm geleiteten Tierheim. Dies war ebenso frei erfunden wie seine häufig wiederholte Behauptung, die Süderstraße habe im Jahre 1999 insgesamt vierhundert Pitbulls aufnehmen müssen. Falsch war auch die von Michael Fuchs in seinem Antrag formulierte, offenbar ebenfalls von seinem Spezi Poggendorf inspirierte Unterstellung, die im Tierheim Süderstraße untergebrachten "Kampfhunde" seien größtenteils aggressiv.

Öffentliche Übereinstimmung bei ihrer Kampagne gegen Pitbulls und deren Halter hatten Poggendorf und Fuchs schon am 17. Februar 2000 demonstriert, als der CDU-Abgeordnete das HTV-Tierheim besuchte. Die BILD sprach am folgenden Tag von einem gemeinsamen "5-Punkte-Programm gegen die Pitbull-Plage". Tatsächlich hatte Fuchs, wie aus dem späteren Bericht der HTV-Zeitschrift "ich & du" über das Treffen hervorging, seine Unterstützung für folgende Forderungen Poggendorfs erklärt:

  1. Eine Kennzeichnungspflicht der Pitbullterrier durch Transponder, damit bei Zwischenfällen der Halter sofort ermittelt werden kann.
  2. Jeder Pitbull-Halter muss verpflichtet werden, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.
  3. Import- und Einreiseverbot für Pitbulls.
  4. Leinen- und Maulkorbzwang für solche Hunde schon bei der ersten Auffälligkeit.
  5. Kastrationszwang für Pitbullterrier.

Schon im Herbst 1999 hatte HTV-Chef Poggendorf intern damit geprahlt, die neue Hamburger Hundeverordnung werde "ganz nach meinen Vorstellungen" ausfallen. So machte er aus seiner Enttäuschung über die am 14. März 2000 von der Bürgerschaft beschlossene "zahme" Neufassung auch gar kein Geheimnis. Ein Indiz für die enge Koordination zwischen Poggendorf und der CDU ist die Tatsache, dass der HTV-Chef genau einen Tag vor dem Antrag der CDU-Bürgerschaftsfraktion, am 9. Mai 2000, mit großem Medienrummel einen "Aufnahmestopp für Kampfhunde" im Tierheim bekannt gab. Diese eher symbolische Maßnahme war ausdrücklich als Protest gegen die nach Poggendorfs Ansicht "zu lasche" Politik des rot-grünen Hamburger Senats gemeint. Dementsprechend verärgert kommentierte damals der Sprecher der für die Hundepolitik zuständigen Sozialbehörde (BAGS), Stefan Marks: "Der Aufnahme-Stopp ist ein Versuch von Herrn Poggendorf, Druck auszuüben. Wir bedauern den Vorstoß und wissen nicht, was Herr Poggendorf damit erreichen will." (nach Hamb. Abendblatt, 10.5.2000)

Inzwischen ist der Ärger anscheinend vergessen, denn der HTV-Chef ist zur unverzichtbaren Stütze des Senats bei der Umsetzung der Hundeverordnung avanciert. Welche Intrigen und Tauschgeschäfte hinter den Kulissen der Verabschiedung dieser weitgehend entsprechend Poggendorfs Vorstellungen verschärften Hundeverordnung vorausgingen, wird man wohl nie erfahren. Selbst der Inhalt der Vereinbarung zwischen der BAGS und dem HTV-Vorstand über ihre Zusammenarbeit bei der Durchführung der Hundeverordnung wird bis heute vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Dieses in einer Demokratie höchst unübliche Verfahren würde vermutlich nicht praktiziert, wenn es in dieser Vereinbarung nicht einige anstößige Punkte gäbe, die für beide Seiten kompromittierend sind.

Knut Mellenthin

2001