KNUT MELLENTHIN

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Tierquälerei im Tierheim Süderstraße

Unter der Überschrift "Hunde mit Lärm aggressiv gemacht?" berichtete Karsten Broockmann am 23. September 2005 im Hamburger Abendblatt:

Tierheim Süderstraße, Anfang September 2001: Am Ende der Anlage steht ein Mann und hält einen Stock in der Hand. Zwei Besucher werden aufmerksam, hören Lärm und beobachten den Mann. Immer wieder schlägt der Mann mit der Stange gegen einen Hundekäfig - so lange, bis der eingesperrte Hund fast rasend wird. Die Besucher gehen zu dem Mann und fragen nach dem Grund der Schläge. Er antwortet nicht.
Der Mann ist kein Besucher, auch nicht irgendein Tierpfleger. Es ist Wolfgang Poggendorf (68), der Geschäftsführer des Tierschutzvereins Hamburg. So berichten es die beiden Besucher, das Ehepaar T. Und so schildern sie es in einer eidesstattlichen Versicherung, die dem Hamburger Abendblatt vorliegt.
Ein ungeheuerlicher Vorwurf. Doch es gibt einen weiteren Fall aus dem Jahr 2000. Der passierte, als ein Fernsehteam Hunde im Tierheim an der Süderstraße filmen wollte.
In diesem Fall ging es um einen Hund, den Zeugen als "großen kurzhaarigen Mischling mit großem Kopf" beschreiben. Poggendorf habe so lange gegen die Gitter des Käfigs geschlagen, bis "der Hund sich heftig in das Eisengitter verbiß". Auch dieser Vorfall wird von einem der Zeugen in einer eidesstattlichen Versicherung geschildert.


Was hier über den Leiter eines der größten deutschen Tierheime ausgesagt wird, macht nicht nur wütend, sondern auch fassungslos. Kann jemand, der angeblich dem Wohle der ihm anvertrauten Tiere dienen will, wirklich so hinterhältig und gemein sein?

Ich will der gerichtlichen Klärung der Vorwürfe nicht vorgreifen. Sicher ist jedoch, dass auf vielen Fotos in der Hamburger Lokalpresse absolut beweiskräftig dokumentiert ist, wie Herr Poggendorf Hunde auf tierquälerische Weise konditionieren lässt, um sie dann als angeblich aggressiv vorzuführen.

Der Trick des Tierheimchefs, dem beispielsweise auch die Hündin "Sugar" ausgesetzt wurde, um die ein monatelanger Rechtsstreit geführt wurde, besteht ganz einfach darin, den Hund von zwei PflegerInnen mit zwei Leinen in entgegengesetzte Richtung ziehen zu lassen. Dadurch wird der Hund immer stärker am Hals gewürgt. Das löst, wie man weiß, bei jedem Lebewesen Todesangst vorm Ersticken und entsprechende Reflexe aus. Die verzweifelte Gegenwehr des sich aufbäumenden bzw. zusätzlich am Hals in die Höhe gezerrten Hundes wird dann als Ausdruck seiner Aggressivität gedeutet. Typisch der Versuch des gequälten Hundes, sich mit den Pfoten vom Halsband zu befreien, das ihn würgt - auf vielen Pressefotos dokumentiert.

Jeder möge sich vorstellen, wie er selbst reagieren würde, wenn er dergestalt an einem immer straffer werdenden Halsband gewürgt und in die Höhe gezerrt würde: Die normalen Reflexe würden in dieser Lage den friedlichsten Menschen dazu bringen, wild um sich zu schlagen und zu treten.

Bereits diese Tortur, einmal praktiziert, ist dazu geeignet, jeden Hund in Todesangst zu versetzen und entsprechend zu konditionieren. Jeder Hund, mit dem diese gemeine Quälerei einmal veranstaltet wurde, wird künftig entsprechend reagieren, sobald Poggendorf oder die TierpflegerInnen in seine Nähe kommen. Dieses Gefühl überträgt sich, da die TierpflegerInnen des HTV einheitlich gekleidet sind, auch auf andere, die an der Tortur gar nicht beteiligt waren, aber gleiche Kleidung tragen: Sie werden automatisch als potentielle Peiniger wahrgenommen. So produziert man verhaltensgestörte Hunde, zu denen sich keine Pflegerin oder Pfleger mehr in den Zwinger traut.

Im Sinne des Tierschutzgesetzes handelt es sich um eine von Wolfgang Poggendorf angeordnete Tierquälerei, also eine Straftat. Paragraph 1 des Gesetzes lautet: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen." - Dass die Hunde Schmerzen leiden und darüber hinaus Angst und Stress empfinden, ist sachlich nicht zu bezweifeln und wird durch ihr auf Fotos festgehaltenes Verhalten dokumentiert. Dass die öffentliche Zurschaustellung eines gequälten Hundes für Pressefotografen kein "vernünftiger Grund" im Sinne des Gesetzes ist, liegt gleichfalls auf der Hand.

Die Praktizierung dieser Tortur im Tierheim Süderstraße unter Regie von Wolfgang Poggendorf ist nicht neu. Als die BILD am 26. August 1999 mit der Schlagzeile "Tierheim-Chef schläfert Kampfhunde ein!" auf der Titelseite erschien, ließ Poggendorf extra eine Szene für den BILD-Fotografen stellen: Zwei Tierpflegerinnen hielten aus entgegengesetzten Richtungen mit Stricken einen Pitbull, der sich in dieser Lage selbstverständlich halb angstvoll, halb wütend aufbäumte. Bildunterschrift: "Kaum zu bändigen: Pitbull Jimmy fletscht gefährlich die Zähne, knurrt wütend. Auch er soll eingeschläfert werden."  - Viele Monate später, als der Hund vermutlich längst getötet war, musste er immer noch als Kronzeuge gegen seine Artgenossen herhalten: BILD brachte dieselbe Szene aus etwas anderem Blickwinkel (so dass nur eine der beiden beteiligten Tierpflegerinnen im Bild war) am 10.5.2000 noch einmal mit dem Text: "Pitbull 'Jimmy'aus dem Tierheim ist auch von der geübten Pflegerin kaum zu bändigen."

Über eine andere äußerst fragwürdige Vorführung berichtete die Hamburger Morgenpost am 8.6.2000:

"'Django'lebt nicht mehr lange: Bei der wichtigsten Prüfung seines Lebens hat er kläglich versagt. Der Kampfhund ging nicht nur auf einen anderen Rüden los, er griff auch noch einen völlig arglosen Kameramann an."

Die SPD-nahe MoPo war von Poggendorf zu einem Fototermin beim "Charaktertest" eingeladen worden und kam voll auf ihre Kosten. Django, vom stark gehbehinderten Poggendorf höchstpersönlich an der Leine gehalten - warum überließ er dies nicht einem mit dem Tier vertrauten kräftigen Pfleger? - hatte es trotz Maulkorb irgendwie geschafft, plötzlich einen Kameramann "am Bein zu packen" - so jedenfalls laut MoPo. "Auch Obertierschützer Poggendorf gelang es nicht, den breitbrüstigen Hund zu beruhigen: Ebenso wie Tierpflegerin Nicole Kehde erlitt er bei der Demonstration eine blutende Schürfwunde, da 'Django'mit dem Maulkorb auf die Hände der Heim-Mitarbeiter losging." - Mit dem Kommentar: "Der wollte nicht mit dem Kameramann spielen, der wollte ihn killen", heizte Poggendorf die Stimmung zusätzlich an. Die MoPo hatte jedenfalls eine Serie wunderbarer Schnappschüsse.

Wie und warum es aber überhaupt zu diesem Vorfall kommen konnte, bleibt rätselhaft - zumal Django laut MoPo "sich schon einmal an einem TV-Mitarbeiter 'vergangen'hatte". Leichtfertigkeit und Verantwortungslosigkeit ist noch der harmloseste Gedanke, der einem dabei kommen kann. Weniger harmlos wäre die Annahme, dass es sich um eine bewusst gestellte Provokation gehandelt haben könnte. Leider kann man im Fall Wolfgang Poggendorf selbst das nicht gänzlich ausschließen.

Knut Mellenthin

24. September 2005