KNUT MELLENTHIN

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Abstiegskandidat des Tages: John Bolton

Nach Verteidigungsminister Donald Rumsfeld könnte Amerikas Botschafter bei der UNO, John Bolton, das nächste Opfer des Wahlsiegs der Demokraten sein.

Seinen Posten verdankte Bolton nicht nur seinem stramm neokonservativen Glaubensbekenntnis, sondern überdies seinen flegelhaften Manieren, der grobschlächtigen Einschüchterung von Untergebenen und Mitarbeitern sowie seinem hemmungslosen Umgang mit der Wahrheit. Diese Eigenschaften ließen den 57-Jährigen für Präsident George W. Bush und Außenministerin Condoleezza Rice als den richtigen Mann erscheinen, um "die Vereinten Nationen durchzurütteln" und einen harten Kurs des UNO-Sicherheitsrats gegen Iran durchzusetzen.

Nicht Allen leuchteten diese Vorzüge Boltons ein. Im Senat, der der Ernennung zustimmen musste, äußerten nicht nur die oppositionellen Demokraten, sondern auch mehrere republikanische Parlamentarier schwere Bedenken gegen den Kandidaten. Am 7. März 2005 hatte Bush dem Senat die Ernennung vorgeschlagen, aber das Hohe Haus ging ohne Entscheidung in die Sommerpause. Der Präsident nutzte diese Zeit, um Bolton am 1. August 2005 zum UN-Botschafter zu machen. Rechtlich geht das. Diese Ernennung erlischt aber mit dem Ende der Amtszeit des Senats im Januar 2007, sofern sie bis dahin nicht bestätigt wird.

Am Donnerstag voriger Woche gab das Weiße Haus bekannt, dass der Präsident Boltons Ernennung noch während der Amtszeit des alten Senats, in dem die Republikaner eine knappe Mehrheit haben, zur Abstimmung stellen wird. Die Demokraten haben schon angekündigt, dass sie eine Bestätigung Boltons auf die gleiche Weise verhindern wollen wie im Sommer: indem sie damit drohen, die Debatte endlos in die Länge zu ziehen und dadurch den Senat lahm zu legen. 60 von 100 Senatoren wären nötig, um diese Taktik zu durchkreuzen und eine sofortige Abstimmung zu erzwingen. Es gilt als unwahrscheinlich, dass diese Zahl zustande kommt.

Mit John Bolton würde ein Mann seinen Posten verlieren, der seit vielen Jahren zu den führenden Neokonservativen gehört. Vor seiner Ernennung zum UN-Botschafter war er seit Mai 2001 Staatssekretär für Rüstungskontrolle und internationale Sicherheit im Außenministerium.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 14. November 2006