KNUT MELLENTHIN

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Ein Mann für jeden Job

John Negroponte soll stellvertretender Außenminister werden, meldeten am Donnerstag die Medien der USA. Die offizielle Ernennung durch Präsident George W. Bush wird noch in dieser Woche erwartet. Der Posten ist schon seit Juli 2006 vakant, als Robert B. Zoellick zur Investmentbank Goldman Sachs wechselte. Angeblich war er frustriert über den geringen Handlungsspielraum, den ihm seine strenge Chefin Condoleezza Rice gelassen hatte.

Sollte sich der Wechsel von Negroponte ins State Department bestätigen, wäre das bereits der vierte Job, den der 67-Jährige innerhalb der Amtszeit von Bush übernimmt.

  • Von Februar 2001 bis April 2004 vertrat der Berufsdiplomat sein Land als Botschafter bei der UNO.
  • Im Juni 2004 wurde Negroponte Botschafter in Bagdad und leitete dort die weltweit größte Auslandsvertretung der USA. Schon im April 2005 wurde er jedoch überraschend aus dem Irak abberufen.
  • Negroponte übernahm anschließend einen Posten, der auf Druck des Kongresses ganz neu geschaffen worden war und den Präsident Bush eigentlich nicht gewollt hatte: Er wurde Director of National Intelligence, Chef-Koordinator sämtlicher Geheimdienste der USA. Eine große Aufgabe, denn deren Zahl beträgt immerhin 16. Noch im Dezember gab Negroponte sich zuversichtlich, dass er bis zum Ende der Amtszeit von Bush, also weitere zwei Jahre, auf diesem Posten bleiben würde.

Jetzt rätseln die Medien, ob Negropontes Abberufung auf Unzufriedenheit mit seiner Amtsführung zurückzuführen ist oder auf das Vertrauen in seine außenpolitischen Fähigkeiten. Es wird behauptet, dass er aufgrund seiner Erfahrungen in Bagdad - wo er sich immerhin stattliche zehn Monate aufhielt - der richtige Mann sei, um den Präsidenten und die Außenministerin bei der Entwicklung ihrer "neuen Strategie für den Irak" zu beraten, über die nun schon seit zwei Monaten heiße Luft produziert wird.

Vor seinen Diensten unter Bush hatte Negroponte jahrzehntelang als Diplomat gearbeitet. Sein Name wurde vor allem durch seine Amtszeit als Botschafter in Honduras (1981-85) bekannt und berüchtigt. Er soll dort die politischen Morde von Todesschwadronen gedeckt und die Contras im benachbarten Nikaragua unterstützt haben.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 5. Januar 2007