KNUT MELLENTHIN

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Gefährliche Ratschläge

Die Heritage Foundation will die USA zu einem neuen nuklearen Wettrüsten gegen Russland antreiben. Für dieses brisante Anliegen ist der in Washington angesiedelte Think Tank, der selbst vielen Politikern der Republikaner zu aggressiv erscheint, gut aufgestellt: Seine Vorstellungen zum „Wiederaufbau“ der angeblich „ausgelaugten“ Streitkräfte hat sich Präsident Donald Trump von Heritage schreiben lassen. Sein Vize Michael „Mike“ Pence ist dem Unternehmen verbunden. Mit James Carafano gehört ein leitender Mitarbeiter der Stiftung zu Trumps Team.

Die „ersten Schritte“ der „Atomwaffenpolitik“ unter Trump stellt sich Heritage so vor:

  1. Kündigung des im April 2010 geschlossenen russisch-amerikanischen „New START“-Vertrags zur zahlenmäßigen Begrenzung der strategischen Atomwaffen. Regulär gilt das Abkommen noch bis 2020. Es enthält aber eine Klausel, die jeder Seite den Ausstieg erlaubt, wenn sie behauptet, dass „außerordentliche Ereignisse“ ihre „höchsten Interessen gefährden“.
  2. Kündigung des im Dezember 1987 geschlossenen russisch-amerikanischen INF-Vertrags über die Beseitigung der nuklearen Mittelstreckensysteme. Neben Heritage behaupten auch militärische Kreise der USA, dass Russland gegen dieses Abkommen verstoße. Trump hat sich diesen Vorwurf zu eigen gemacht und angekündigt, darüber mit Putin bei ihrem ersten Treffen sprechen zu wollen.
  3. Ausarbeitung eines neuen Grundsatzpapiers zur „Atomwaffenpolitik“ der USA, das wie üblich aus einem freigegebenen und einem geheimen Teil bestehen soll. Der letzte „Nuclear Posture Review“ wurde 2010 im zweiten Amtsjahr von Barack Obama erstellt. Heritage will einige seiner zentralen Aussagen revidieren lassen. An erster Stelle steht dabei die damalige Feststellung, dass sich die russisch-amerikanischen Beziehungen seit dem Ende des kalten Krieges „grundlegend geändert“ hätten, dass die beiden Staaten „nicht mehr länger Gegner“ seien, und dass die Wahrscheinlichkeit einer militärischen Konfrontation zwischen ihnen „dramatisch abgenommen“ habe.

In diesem Zusammenhang stellt Heritage auch die 2010 formulierte Ankündigung der Obama-Regierung in Frage, die Rolle der Atomwaffen in der Militärstrategie der USA „noch weiter zu verringern“ und sie weitgehend auf die Abschreckung nuklearer Angriffe zu beschränken. Der Think Tank fordert stattdessen, dass die USA ihre traditionelle Doktrin der „nuklearen Unberechenbarkeit“ aufrechterhalten oder wiederherstellen müssten. Gemeint ist die Verweigerung einer offiziellen Definition der Umstände, unter denen die Regierung zum Einsatz von Atomwaffen bereit wäre. Dazu benötigen die USA nach Ansicht von Heritage eine „differenzierte Garnitur nuklearer und konventioneller Kapazitäten und Strategien, um die Dinge zu bedrohen, die dem Gegner wertvoll erscheinen“ – und um einen Atomkrieg nicht nur vorstellbar, sondern auch wirklich führbar erscheinen zu lassen.

(Nach Michaela Dodge, The Trump Administration’s Nuclear Weapon Policy: First Steps. Von der Heritage Foundation am 30.11.2016 veröffentlicht)

Knut Mellenthin

Junge Welt, 4. März 2017