KNUT MELLENTHIN

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Israel kann machen, was es will

US-Regierung hat keine Einwände gegen Angriffe auf Iran

Die US-Regierung hat grünes Licht für israelische Militärschläge gegen Iran gegeben. Gleichzeitig verstärken sich die Anzeichen, dass Israel einen Angriff in den nächsten Monaten vorbereitet.

Vizepräsident Joe Biden sagte am Sonntag in einem Interview mit dem US-amerikanischen Sender ABC: Israel sei berechtigt, den Iran anzugreifen. „Wir können einem souveränen Staat nicht vorschreiben, was er darf und was er nicht darf, wenn sie die Entscheidung treffen, dass ihr Überleben von einem anderen Land bedroht ist.“ „Israel kann selbst bestimmen, was in ihrem Interesse ist und was sie gegenüber dem Iran oder irgendwem sonst tun wollen.“ “Wenn die Netanjahu-Regierung sich entscheidet, einen anderen Kurs einzuschlagen als den jetzt praktizierten, ist das ihr souveränes Recht.“

Ein Sprecher des Weißen Hauses kommentierte Bidens Äußerungen mit der Bemerkung, der Vizepräsident habe keine Änderung der Haltung der US-Regierung gegenüber Israel oder Iran signalisiert, sondern im Gegenteil „deutlich gemacht, dass sich unsere Politik nicht geändert hat“. Tatsache ist jedoch, dass sich so eindeutig weder der frühere Präsident George W. Bush noch seine Außenministerin Condoleezza Rice geäußert hatten.

Israel hat es nun mit expliziter Billigung der US-Regierung in der Hand, jederzeit einen Krieg auszulösen, in den zwangsläufig auch die USA und Westeuropa hineingezogen würden. Damit ist die angebliche Bereitschaft des neuen Präsidenten Barack Obama, einen „direkten Dialog“ mit dem Iran aufzunehmen, als hohle Rhetorik bloßgestellt. Ihr Zweck besteht nur darin, wie Obamas wichtigster Nah- und Mittelost-Berater Dennis Ross schon vor Monaten verkündete, die internationale Isolierung Irans zu erleichtern.

Abweichend von der Linie der US-Regierung bekundete der Stabschef der Streitkräfte, Admiral Mike Mullen, am Sonntag gegenüber dem Sender Fox News seine tiefe Besorgnis vor den Folgen eines militärischen Angriffs auf Iran: „Er würde sehr destabilisierend wirken – nicht nur durch sich selbst, sondern auch durch die unbeabsichtigten Folgen eines solchen Schlages, die nicht vorherzusagen sind.“ Auch Mullen wiederholte aber die bekannte Formel, die USA würden gegenüber Iran „keine Option, einschließlich der militärischen, vom Tisch nehmen“.

Israelische Regierungspolitiker ebenso wie maßgebliche Militärs und Geheimdienstleute haben in den vergangenen Tagen erklärt, die innenpolitischen Ereignisse nach der Präsidentenwahl seien ein eindeutiger Beweis, dass Verhandlungen mit Iran zwecklos seien. Die Tageszeitung Haaretz berichtete am Montag, Israel bedränge die USA „und andere Staaten“, jetzt schon einen verbindlichen „Plan B“ für den Fall festzulegen, dass Iran den Forderungen nach Einstellung seiner Uran-Anreicherung nicht nachgibt. Das Blatt zitierte einen nicht namentlich genannten hohen israelischen Regierungsbeamten mit der Einschätzung: „In der Situation, die infolge der Proteste im Iran entstanden ist, gibt es eine sehr viel größere internationale Bereitschaft zu harten Schritten gegen das Teheraner Regime.“

Am Freitag voriger Woche war bekannt geworden, dass die israelische Marine im Juni erstmals seit fünf Jahren wieder Kriegsschiffe aus dem Mittelmeer ins Rote Meer verlegt hatte. Darunter ein in Deutschland produziertes U-Boot, das mit Atomraketen ausgerüstet ist. Die Schiffe passierten mit Erlaubnis der ägyptischen Regierung den Suez-Kanal und sind inzwischen in ihren Stützpunkt in Haifa zurückgekehrt. Israels einziger Hafen am Roten Meer, Eilat, eignet sich nicht für die Stationierung von U-Booten. Die kurzzeitige Verlegung wurde in Israel und international als Drohung gegen Iran und gleichzeitig als Zeichen für die Bereitschaft Ägyptens zur militärischen Kooperation gewertet.

Am Sonntag meldete die Sunday Times, dass Israel sich die stillschweigende Duldung der Regierung in Riad gesichert habe, für Angriffe gegen Iran den Luftraum über Saudi-Arabien zu durchfliegen. Die israelische Regierung dementierte den Bericht.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 7. Juli 2009