KNUT MELLENTHIN

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Viel Lärm um Nichts

Endlich einmal ein Iran-Bericht der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEA), mit dem die US-Regierung völlig zufrieden ist! Er enthalte „viele besorgniserregende Dinge“, rühmte Philip Crowley, Sprecher des State Department. Vizepräsident Joe Biden ging sofort zur praktischen Seite über: „Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern arbeiten wir daran, sicherzustellen, dass der Iran wirkliche Konsequenzen dafür zu spüren bekommt, dass er sich nicht an die internationalen Abmachungen hält.“

Da konnte das deutsche Echo nicht ausbleiben. „Große Besorgnis“ der Bundesregierung verkündete ihr Sprecher Ulrich Wilhelm. „Die fortgesetzte Missachtung“ der Forderungen der USA und der EU durch den Iran zwinge dazu „den Weg weiterer Sanktionen zu gehen“. Aber wenigstens vor einem deutschen Überraschungsangriff ist Teheran sicher: „Wir schließen eine militärische Lösung aus“, versprach Wilhelm. Offenbar ohne Abstimmung mit Washington und Jerusalem.

Der IAEA-Bericht, um den es dabei geht, ist noch nicht einmal veröffentlicht, aber schon im Internet zu finden. Offiziell wird er erst der nächsten Vorstandssitzung der Behörde vorgelegt werden, die Anfang März stattfindet. Aber wie üblich wurden spezielle Highlights des Reports schon vorab durch „gezielte Indiskretionen“ weit gestreut. Im Grunde geht es dabei jetzt nur um die folgenden drei Sätze, die in dem 14 Seiten langen Bericht unter dem Punkt „Mögliche militärische Dimensionen“ stehen:

„Die Informationen, die der Behörde in Zusammenhang mit diesen ausstehenden Fragen zugänglich sind, sind umfangreich und wurden im Laufe der Zeit von verschiedenartigen Quellen gesammelt. Diese Informationen sind zudem weitgehend in sich stimmig, glaubwürdig hinsichtlich der technischen Details, des Zeitrahmens, in dem diese Aktivitäten stattgefunden haben sollen, und der Personen und Organisationen, die daran beteiligt gewesen sein sollen. Alles zusammengenommen veranlasst das zu Sorgen über die mögliche Existenz von früheren oder laufenden undeklarierten Aktivitäten hinsichtlich der Entwicklung eines nuklearen Raketensprengkopfes.“

Auch wenn diese Sätze jetzt von westlichen Politikern und Medien mit großem Triumphgeschrei zitiert werden, enthalten sie absolut nichts Neues. Sie geben keinerlei neue Erkenntnisse der IAEA, sondern nur eine veränderte politische Bewertung wieder. Das ist leicht dadurch zu erklären, dass dies der erste Report in der Amtszeit des neuen Generaldirektors der Behörde, des Japaners Jukija Amano, ist. Sein Vorgänger, der Ägypter Mohammad ElBaradei, hatte mehrfach dem westlichen Drängen widerstanden, in seinen Berichten Gerüchte und Vermutungen aufzuwerten. Die erwähnten „Informationen“ der IAEA stammen aus geheimdienstlichen Quellen, unter anderem auch vom BND. Hauptbeweisstück ist ein angeblich aus dem Iran geschmuggeltes Laptop, auf dem sich Pläne für einen Nuklearsprengkopf befinden sollen. Die Behörde hat die USA bis jetzt nicht dazu bewegen können, die fraglichen Beweise freizugeben. Inzwischen weigert sich die iranische Regierung, zu Dokumenten Stellung zu nehmen, die ihr nicht präsentiert werden.

Iran hat vor dem Hintergrund des Rummels um den IAEA-Bericht bekräftigt, dass es nicht an Atomwaffen interessiert ist. „Die Anschuldigungen des Westens entbehren jeder Grundlage, weil unsere Religion es uns verbietet, solche Waffen zu benutzen. Wir glauben nicht an Atomwaffen und streben ncht nach ihnen“, sagte die höchste Autorität des Landes, Ajatollah Ali Khamenei, am Freitag im Fernsehen.

Knut Mellenthin

Junge Welt, 20. Februar 2010